Raumklima
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Problem

Bisher werden in der Praxis nahezu alle bauphysikalischen Simulationen mit Blick auf Wärme- und Feuchteprozesse sowie zur Schimmelpilzvermeidung mit konstanten Raumklimadaten durchgeführt. Dieses Vorgehen spiegelt aber nur unzureichend die Realität wieder wie Studien gezeigt haben.

Motivation

Mittlerweile ist die Computertechnik soweit fortgeschritten, dass es ohne Probleme möglich ist, auch komplexe Wärme- und Feuchtetransportprozesse sehr genau zu berechnen und darzustellen.
Die dafür benötigten Materialeigenschaften sind weitestgehend bekannt oder können durch Laborversuche mit ausreichender Genauigkeit bestimmt werden. Auch das Außenklima stellt kein Problem dar. Auf die Klimaregion des Planungsobjektes bezogen können Außenklimadaten beispielsweise von den Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes oder der MeteoGroup bezogen werden. In den Fällen, in denen keine Wetterstation in akzeptabler Entfernung verfügbar ist, stellen die Testreferenzjahrdaten des DWD eine sehr gute Alternative dar. Diese enthalten für das Jahr typische gemittelte meteorologische Daten und sind für nahezu alle Klimaregionen verfügbar.
Für eine realitätsnahe Darstellung und Berechnung von bauphysikalischen Vorgängen in Wohnräumen, sind außerdem genauere Informationen zum dynamischen Verlauf des Raumklimas erforderlich. Diese Daten sind aber bisher nur vereinzelt verfügbar und als Datengrundlage daher nicht ausreichend.

Lösung

In Anlehnung an die Testreferenzjahre des DWD soll durch Messungen in Wohngebäuden ein „Referenzinnenraumklima“ erstellt werden, um die Schwankungen des Klimas in Wohngebäuden bei der Planung von Bau- und Sanierungsmaßnahmen zukünftig besser berücksichtigen zu können. Zu diesem Zweck werden Messergebnisse aus sogenannten Loggern gesammelt, die in Wohnungen in ganz Deutschland verteilt sind. Diese Messgeräte messen kontinuierlich die Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit der umgebenden Raumluft und zeichnen diese auf.

Exemplarischer Raumlufttemperaturverlauf eines Wohnzimmers Exemplarischer Raumlufttemperaturverlauf eines Wohnzimmer. Wenn sie mehr über den Ablauf der Messung sowie die Auswertung der Messergebnisse erfahren wollen, schauen sie sich unsere exemplarische Ergebnispräsentation an.

Diese Website hat zum Ziel, die bisher gesammelten Raumklimadaten sowohl den Teilnehmern wie auch dem Fachpublikum zugänglich zu machen. Es ist möglich verschiedenste Daten wie Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit oder Taupunkttemperatur dynamisch nach Raumtypen gesondert abzufragen und für die weitere Verwendung herunterzuladen.
Die Seite ist dabei Teil des Forschungsprojektes "Entwicklung eines Referenzinnenraumklimas und eines instationären Berechnungsverfahrens für die wärmetechnische Beurteilung von Gebäuden“. Dabei sollen praxisgerechte Bemessungsverfahren für Wärme- und Feuchtetransportprozesse in Wohnräumen erarbeitet werden. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Neben der Entwicklung des genannten Referenzinnenraumklimas soll weiterhin mithilfe der Forschungsergebnisse bei Schadensfällen, wie etwa Schimmelpilzbildung, klarer zwischen dem Verschulden des Nutzers bzw. einem Mangel am Gebäude differenziert werden können.

Physikalische Hintergründe

Luftfeuchtigkeit Zurück nach oben

Luft ist ein Gasgemisch, dass neben Stickstoff, Sauerstoff und einigen anderen Komponenten immer auch Wasserdampf enthält. Die Summe der Partialdrücke der einzelnen Bestandteile ergeben den Gesamtluftdruck
[Gl. (1)]Daltonsches Gesetz
. Aus bauphysikalischer Sicht ist der Wasserdampfpartialdruck pw dabei von besonderem Interesse. Der größtmögliche Wasserdampfpartialdruck pw in einem Luftvolumen ist als Wasserdampfsättigungsdruck ps definiert. Er ist stark temperaturabhängig, wobei in wärmerer Luft überproportional mehr Wasserdampf vorhanden sein kann als in kälterer Luft
[Gl. (2), (3)]Wasserdampfsättigungsdruck.
.

Wasserdampfsättigungskurven von Wasser bei verschiendenen Temperaturen
Das Verhältnis von tatsächlich vorhandenem Wasserdampfdruck pw in der Luft zu Wasserdampfsättigungsdruck ps ergibt die relative Luftfeuchtigkeit φ
[Gl. (4)]Relative Luftfeuchtigkeit
. Im Gegensatz dazu, gibt die Absolute Feuchte c
[Gl. (5)]Absolute Feuchte
an, wieviel Gramm Wasserdampf tatsächlich in einem Kubikmeter Luft enthalten ist.

Betrachtet man Luft mit einer Temperatur von -5 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit φ von 80% r.F. hat sie eine absolute Feuchtigkeit c von 2,6 g/m³. Erwärmt man diese Luft auf +20 °C, bleibt die absolute Feuchte c von 2,6 g/m³ konstant, sofern nicht durch andere Quellen Wasser zugeführt wird. Gleichzeitig führt aber die Temperaturerhöhung zu einem höheren Wasserdampfsättigungsdruck ps. Infolgedessen sinkt das Verhältnis von vorhandenem Wasserdampfparialdruck pw zu Wasserdampfsättigungsdruck ps und damit die relative Luftfeuchtigkeit φ auf 15 %r.F..

Taupunkttemperatur Zurück nach oben


Beschlagenes Fenster Die Oberflächentemperatur dieses Fensters liegt unter dem Taupunkt der Raumluft.
Daher fällt an der Fensterscheibe Tauwasser aus.
Kühlt die Raumluft, beipsielsweise an einer kalten Bauteiloberfläche, ab, bleibt der Wasserdampfpartialdruck pw näherungsweise konstant. Der tempertaurabhängige Wasserdampfpartialdruck ps sinkt hingegen. Die Temperatur, bei der der Wasserdampfsättigungsdruck ps den Wert des Wasserdampfpartialdruck pw erreicht, wird als Taupunkttemperatur bezeichnet.
[Gl. (7)]Taupunkttemperatur
.

Die Luft ist an diesem Punkt mit Wasser gesättigt. Steigt die absolute Feuchte oder sinkt die Raumlufttemperatur an dieser Stelle weiter, kommt es zu Tauwasserausfall. Dieses Phänomen ist gut zu beobachten, wenn man im Winter das Fenster öffnet und die ausströmende warme Raumluft an der kalten Außenoberfläche des Fensters kondensiert.

SchimmelpilzeZurück nach oben

Wachstumsfaktoren

Schimmelpilze kommen überall auf der Erde vor. Ihre Verbreitung erfolgt mittels Sporen und Partikeln über die Luft, deren Vorhandensein sowohl in der Außenluft, wie auch in der Raumluft nahezu überall nachgewiesen werden kann. Die Auskeimung der Sporen wird beim Kontakt mit ausreichend Feuchte angeregt. Für das anschließende Myzelwachstum benötigt der Schimmelpilz ein Substrat mit ausreichendem Nährstoffgehalt, einen spezifischen Temperaturbereich und ausreichende Feuchte an der Oberfläche des Substrats.

Die untenstehenden Diagramme zeigen die Temperatur- und Feuchteansprüche verschiedener Schimmelpilze für die Auskeimung der Sporen.

Minimal erforderliche Temperatur für die Sporenkeimung verschiedener Schimmelarten
Diagramm 1:Minimal erforderliche Temperatur
für die Sporenkeimung verschiedener Schimmelarten
Die Daten für die beiden Diagramme 1 und 2 wurden aus folgenden Dokumenten zusammengetragen:
1) Sedlbauer, K.: Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf und in Bauteilen.
Dissertation, Universität Stuttgart 2001.

2) Moriske, H.-J., Szewzyk, R., Tappler, P. und Valtanen, K.:
Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden („Schimmelleitfaden“),
ed. Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes.
Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt. 2016.
Minimal erforderliche Temperatur für die Sporenkeimung verschiedener Schimmelarten
Diagramm 2: Minimal erforderliche relative Feuchtigkeit
für die Sporenkeimung verschiedener Schimmelarten
Die Daten für die beiden Diagramme 1 und 2 wurden aus folgenden Dokumenten zusammengetragen:
1) Sedlbauer, K.: Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf und in Bauteilen.
Dissertation, Universität Stuttgart 2001.

2) Moriske, H.-J., Szewzyk, R., Tappler, P. und Valtanen, K.:
Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden („Schimmelleitfaden“),
ed. Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes.
Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt. 2016.
In Diagramm 1 ist der Temperaturbereich für die Sporenkeimung der bekanntesten Schimmelarten aufgetragen. Es ist ersichtlich, dass zwar der ideale Bereich für die Keimung zwischen 25 °C und 35 °C liegt, fast alle Arten aber auch schon ab 10 °C und einige sogar bei noch niedrigeren Temperaturen keimen können. Für das Myzelwachstum nach der Auskeimung der Sporen liegt das Temperaturminimum der meisten Schimmelpilzarten sogar bei 0 °C.

Es bleibt die Feuchtigkeit als maßgebender Faktor, ob ein Schimmelpilz entsteht oder nicht. Diagramm 2 zeigt die minimal erforderliche relative Luftfeuchtigkeit für eine Sporenkeimung und sofern bekannt das Feuchteoptimum für verschiedene Sporenarten. Für fast alle Schimmelpilzarten, die Wohnräumen entstehen, reicht eine relative Luftfeuchtigkeit von 80% r.F. an der Oberfläche aus. Bei einige Arten können die Sporen bereits ab 70% r.F. auskeimen.

Zu beachten ist, dass sowohl die Sporenkeimung, wie auch das Myzelwachstum von der relativen Luftfeuchtigkeit an der Oberfläche und nicht der absoluten Luftfeuchtigkeit abhängig ist. Je nach Art können Sporen eines Schimmelpilzes sowohl bei 15 °C Oberflächentemperatur mit 10 g/m³ absoluter Feuchtigkeit keimen, wie auch bei 25 °C und 18 g/m³ da beide Kombinationen eine relative Luftfeuchtigkeit von 80% r.F. an der Oberfläche ergeben.


Schimmelpilze in Wohnräumen Zurück nach oben

Da Schimmelpilzsporen überall vorkommen, in jedem gebäudetypischen Temperaturbereich keimen können und sehr geringe Anforderungen an das Substrat stellen, bleibt als vom Nutzer beeinflussbarer Faktor lediglich die relative Feuchte an der Oberfläche der gefährdeten Stellen. Nach obenstehendem Diagramm steigt das Risiko eines Schimmelpilzbefalls signifikant ab einer relativen Luftfeuchtigkeit an der Oberfläche von 80% r.F..

Um Schimmelpilzbefall zu vermeiden, reicht es aber nicht aus eine relative Luftfeuchtigkeit von <80% r.F. im Raum zu halten. Da die Temperatur in einem Raum nicht überall konstant ist, schwankt auch die relative Luftfeuchtigkeit im Raum. Nach den oben erläuterten Zusammenhängen ist sie dort am größten, wo die niedrigste Temperatur herrscht. Diese Stellen sind besonders gefährdet von Schimmelpilzen befallen zu werden.

Die Temperatur der Umfassungsflächen eines Raums ist immer etwas niedriger als die der Raumluft. Dadurch wird lokal auch die Luftschicht, die direkt an der Oberfläche anliegt abgekühlt. Da die abgekühlte Luft weniger Wasser aufnehmen kann als die wärmere sonstige Raumluft, steigt an der Wandoberfläche die relative Luftfeuchtigkeit an.
Dieser Effekt tritt besonders ausgeprägt im Bereich von sogenannten Wärmebrücken auf. Wärmebrücken sind Stellen in der Gebäudehülle, an denen überproportional viel Wärme nach außen dringt.

Wärmebrücken können durch geometrische oder materialbedingte Umstände hervorgerufen werden. Geometrische Wärmebrücken entstehen, wenn die außen liegende Oberfläche eines Bauteils größer ist als die innen liegende. Treffen beispielsweise zwei Außenwände aufeinander, dann entsteht am Schnittunkt der beiden eine (zweidimensionale) linienförmige Wärmebrücke. Dort ist die wärmeabführende Fläche außen größer als die wärmezuführende Fläche innen, wodurch an dieser Stelle mehr Wärme nach außen dringt als an einer ebenen Wand. In einer Raumecke treffen drei dieser linienförmigen Wärmebrücken aufeinander und bilden so eine punktförmige (dreidimensionale) Wärmebrücke. Der Wärmebrückeneffekt tritt an dieser Stelle entsprechend nochmals deutlich verschärft auf.
Außenecke als geometrische Wärmebrücke
Außenecke als geometrische Wärmebrücke Die Oberflächentemperatur ist in Raumecken niedriger, da ihnen eine proportional höhere Außenfläche
gegenübersteht über die Wärme an die Außenluft abgegeben wird
Schimmel an einem Fenster
Schimmelpilzbefall in einer Raumecke Schimmelpilzbefall in einer Raumecke

Materialbedingte Wärmebrücken entstehen, wenn beispielsweise der Sturz eines Fensters schlechter gedämmt ist als der Rest der Wand, da an dieser Stelle dann der Wärmedurchgangswiderstand geringer ist.

Alle Wärmebrücken haben gemeinsam, dass dort wo sie auftreten die Oberflächentemperatur durch die erhöhten Wärmneverluste geringer als im restlichen Raum ist. Dadurch ist dort auch die Oberflächenfeuchte höher und somit steigt an diesen Stellen die Gefahr für Schimmelpilzwachstum.

Mindestwärmeschutz Zurück nach oben

Um das Risiko von Tauwasserausfall und Schimmelpilzbildung zu minimieren, schreibt in Deutschland DIN 4108 für den Bau von Wohngebäuden vor, dass auch im Bereich von Wärmebrücken mindestens eine Oberflächentemperatur von 12,6 Grad einzuhalten ist, wobei eine Innenraumlufttemperatur von 20 °C mit einer relativen Feuchtigkeit von 50% r.F. und eine Außenlufttemperatur von -5 °C als Randbedingungen genannt werden.
Analog zu obenstehendem Beispiel steigt damit die relative Luftfeuchtigkeit in der oberflächennahen Luftschicht an. Die in der Norm angegeben Randbedingungen ergeben damit eine Feuchtigkeit von 80% r.F. an der Oberfläche und stellen somit die Grenze zum Schimmelpilzwachstum dar.

Lüftungsverhalten Zurück nach oben

Aus Sicht des Nutzers stellt sich die Frage, wie Schimmel vermieden werden kann.
Da die meisten Faktoren für Schimmelwachstum quasi überall vorhanden sind, bleibt als einzige Maßnahme, die relative Feuchtigkeit im Raum so niedrig zu halten, so dass auch an kritischen Stellen der Umfassungsflächen nicht ein Schimmelpilzwachstum begünstigt wird. Daher ist das Heiz- und Lüftungsverhalten der Nutzer maßgeblich, um das Risiko eines Schimmelpilzbefalls zu minimieren.

Bei höheren Temperaturen kann die Raumluft mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Die beim Lüften einströmende kühlere Außenluft enthält vergleichsweise wenig absolute Feuchtigkeit und hat somit nach dem Erwärmen auf Raumtemperatur eine niedrigere relative Luftfeuchtigkeit. Effektive Lüftungsvorgänge zeichnen sich durch einen kompletten Luftaustausch des Raums aus. Die warme Raumluft mit höherer absoluter Feuchtigkeit wird dabei vollständig durch kühlere Außenluft mit weniger absoluter Feuchtigkeit ausgetauscht. Insbesondere in den kalten Monaten „sollte vorzugsweise durch eine kurze Stoßlüftung (5 – 10 min. bei weit geöffnetem Fenster) erfolgen“. Bei mehreren Fenstern in verschiedenen Räumen, idealerweise an unterschiedlichen Gebäudeseiten, bietet es sich an durch Querlüftung die Effektivität des Lüftungsvorganges zu erhöhen.
Durch diese Art des Lüftens, kühlen die Wandoberflächen weniger stark aus, als wenn die Fenster über einen längeren Zeitraum gekippt sind.

In den warmen Monaten empfiehlt es sich in den frühen Morgenstunden oder spät abends zu lüften, da zur Mittagszeit durch die erhöhte Außenlufttemperatur beim Lüften mitunter sogar mehr Feuchtigkeit ins Rauminnere gelangt als nach draußen geht.

Kontakt

Dipl.-Ing. Markus Hofmann

Paul-Ehrlich-Straße
Gebäude 29, Zimmer 210
67663 Kaiserslautern

















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